Künstliche Intelligenz im Finanzmarktrecht: Chancen, Risiken und regulatorische Herausforderungen
- Corinne Blessing
- 4. Feb.
- 2 Min. Lesezeit
Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert den Finanzsektor und nimmt eine zunehmend zentrale Rolle in der Compliance, im Risikomanagement und in der Effizienzsteigerung von Geschäftsprozessen ein. Von automatisierten Handelsalgorithmen über Betrugserkennung bis hin zur regulatorischen Überprüfung – KI ermöglicht Finanzinstituten eine präzisere und schnellere Entscheidungsfindung. Doch mit diesen Fortschritten gehen auch erhebliche rechtliche und ethische Herausforderungen einher, entsprechend auch im Schweizer Finanzmarkt.
Die Finanzbranche nutzt KI bereits in verschiedenen Bereichen. Sie kommt etwa bei der Betrugserkennung zum Einsatz, indem Algorithmen verdächtige Muster in Finanztransaktionen identifizieren. Auch das Transaktionsmonitoring profitiert von KI, da verdächtige Aktivitäten in Echtzeit analysiert und gemeldet werden können. Weitere Anwendungsfelder sind digitale Forensik, die Überprüfung von Sanktionsrisiken sowie kontinuierliche KYC-Due-Diligence-Prozesse, die sicherstellen, dass Finanzinstitute regulatorische Anforderungen erfüllen. Durch KI lassen sich zudem Compliance-Prozesse automatisieren, was die Einhaltung von Vorschriften erleichtert und gleichzeitig Kosten senkt.
Trotz der vielen Vorteile bestehen regulatorische Herausforderungen, die Finanzinstitute beachten müssen. In der Schweiz setzt die Finanzmarktaufsicht FINMA auf Technologieneutralität, fordert jedoch klare Governance-Strukturen, Transparenz und Erklärbarkeit bei KI-Anwendungen. Datenschutz spielt ebenfalls eine zentrale Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis und der DSGVO. Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass Kundendaten nur im gesetzlich zulässigen Rahmen verarbeitet werden. Zudem greifen Vorschriften wie das Geldwäschereigesetz (GwG/AML) und der EU AI Act, der trotz fehlender direkter Geltung in der Schweiz internationale Auswirkungen auf die Branche hat. Die FINMA hat in ihrer Aufsichtsmitteilung 08/2024 klare Erwartungen formuliert: Finanzinstitute müssen ein vollständiges Inventar ihrer KI-Systeme führen, diese risikoklassifizieren und regelmässig überwachen.
Ein besonderes Risiko in diesem Zusammenhang ist die mangelnde Transparenz vieler KI-Modelle. Blackbox-Algorithmen erschweren die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, was für Finanzinstitute ein regulatorisches Problem darstellt. Auch ethische Verzerrungen, die durch unausgewogene Trainingsdaten entstehen können, sind eine grosse Herausforderung. Ein weiteres Problem ist das sogenannte "AI Washing" – Unternehmen vermarkten ihre Produkte als KI-gestützt, obwohl sie tatsächlich nur einfache Automatisierungen nutzen. Regulierungsbehörden wie die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) haben bereits Verfahren gegen Unternehmen eingeleitet, die irreführende KI-Werbung betreiben. Um derartige Risiken zu minimieren, sollten Finanzinstitute transparente KI-Strategien etablieren, interne Überprüfungen durchführen und ihre Mitarbeiter in KI-spezifischen Risiken schulen.
Während KI in der Finanzbranche immer stärker eingesetzt wird, bleibt der menschliche Faktor unerlässlich. KI ersetzt keine Compliance-Experten, sondern ergänzt ihre Arbeit. Der Fokus verschiebt sich von repetitiven, zeitaufwendigen Tätigkeiten hin zur konzeptionellen Problemlösung. Compliance-Teams müssen sich verstärkt mit der Überprüfung von KI-generierten Ergebnissen befassen, um deren Korrektheit und regulatorische Konformität sicherzustellen. Schulungen und Weiterbildungen werden essenziell, um Compliance-Personal mit den neuesten Entwicklungen im Bereich KI vertraut zu machen.
Die Zukunft des Finanzmarktrechts wird stark von KI geprägt sein. Finanzinstitute, die sich frühzeitig mit den regulatorischen Anforderungen auseinandersetzen und KI verantwortungsbewusst einsetzen, können sich einen klaren Wettbewerbsvorteil sichern. Gleichzeitig ist mit einer zunehmenden Regulierung zu rechnen, insbesondere in Bezug auf Transparenz, Haftungsfragen und Datenschutz. Wer sich proaktiv anpasst, minimiert Risiken und nutzt die Chancen, die KI im Finanzmarkt bietet.